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Ihr Bürgerbote

kleine Geschichten von der Ostsee.

von Siegfried Kümmel

Unmittelbar am Dünenwald der schönen Ostseeküste stand in einer kleinen Gemeinde ein einzelnes Gebäude. Eine richtige Burg. Obwohl die Zeit des Mittelalters schon lange vorbei war gab es noch Raubritter im Orte, die auf ihren geistigen Pferden und in den Rüstungen der Neuzeit, sich um das in bester Lage liegende Anwesen intensiv kümmerten.

So kam es eines schönen Tages in dieser Gemeinde zu einer weitragenden Entscheidung und man schob die Burg solange hin und her, bis einer der Raubritter über eine Ausschreibung, an der sich dieser als nur einzigster Teilnehmer beteiligen konnte, auch den Zugschlag dieser Ritterburg bekam.
Die Feuerwehr im Orte, die zu dieser Zeit schon sehr aktiv „Buschbrände“ umfangreich in ihrem Löschprogramm gehabt haben soll, soll sogar eine großzügige Spende als Handgeld von den ritterlichen Rittern erhalten haben.

Obwohl andere Bürger im Orte, die sich ebenfalls an der Ausschreibung mit sogar besseren und höheren Angeboten beteiligt haben wollen, das Fehlen ihrer Angebote in den Stuben eines schon damals vorhandenen Amtes reklamierten, konnte ihnen auch dort nicht über die Hilfe der amtlichen Reiterei geholfen werden.

Was zu Zeiten nicht vorlag, das konnte eben nicht da sein und somit auch nicht vorliegen.

Selbstverständlich war die Burg zu der Zeit der Ausschreibung und des Zuschlages noch vom Volke bewohnt. Auch hier müssen die Ritter eine Lösung dieses Problems bereits in ihrer Schatztruhe gehabt haben, denn bereits nach kurzer Zeit zogen die Bewohner aus und siedelten um, sie fanden innerhalb des Ortes an anderer Stelle ein neues Obdach.

Damit die nun menschenleere Burg nicht dem Verfall überlassen ward, kamen die Rittersleute auf eine zur damaligen Zeit blendende Idee. Sie nahmen richtiges Geld in die Hände und legten mit erheblichen Veränderungen in der Raumaufteilung und einer neuen Gestaltung des Gebäudes einen wahren Kreuzzug hin.
Am Ende ihres mühseligen Weges schafften sie so die Umwandlung einer Burg zu einer Anlage mit verkaufbaren Eigentumswohnungen und da das Grundstück für den Ausritt zu Pferde noch ein wenig zu klein gewesen sein muss, verkaufte die Gemeinde für kleines Geld noch etliche Quadratmeter bestes Straßenland zur Vergrößerung des ritterlichen Eigentums.

Natürlich hatten die Ritter die Nähe der schönen Ostsee bei den Durchführungsarbeiten der Baumaßnahme nicht aus den Augen verloren. Ein gutes Auge braucht eine weite Sicht, selbst dann, wenn die Wipfel der Kiefern höher sind und den freien Blick auf das Meer von der so großen, doch in der Höhe nicht ausreichenden Dachterrasse, erheblich stören.

Derartige Hindernisse stellen für doch so gute Ritter keine Probleme dar. Somit ging es den armen Bäumen sprichwörtlich nach der Manier eines Raubzuges an den Kragen.
Rübe ab, der Blick ward frei, das Wasser war zu sehen.

Die kleine Gemeinde hatte jedoch an dem großen Geschäft der Ritterschaft keinerlei Vorteile. Sie hatte das Grundstück billig verkauft, Straßenland für kleines Geld abgegeben und einige Bürger im Orte doch sehr enttäuscht.



Ihr Bürgerbote – 12. Ausgabe (Forstsetzung der Geschichte aus - Ausgabe 8) - Entwurf -- C2010 Siegfried Kümmels kleine Geschichten.
Die Orte der Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen und Ähnlichkeiten mit real existierenden Orten sind rein zufällig.