Ihr Bürgerbote
kleine Geschichten von der Ostsee.
von Siegfried Kümmel
Schon vor vielen Jahren soll es in einer Gemeinde an der Ostsee einen kleinen Weg, der zum Strand durch die grünen Wiesen führte, gegeben haben. Heimische Kleinbauern nutzten ihn als Zufahrt zu ihren Wiesen und von den Bürgern des Ortes wurde er als ein Fußweg zum sandigen Badestrand genutzt. Die Lage der am Wege liegenden Grundstücke und die unmittelbare Nähe der Ostsee mit ihren Sandstränden führte im Laufe der weiteren Jahre dazu, dass einige Herren der seinerzeitigen Regierung sich hier ein gutes Fleckchen für den Neubau einer großen und für sie auch angemessenen Unterkunft auserwählten.
Die Jahre vergingen und es änderte sich mit der Wende im Lande einiges, so dass der alte Weg den zeitigen Qualitätsansprüchen und den Anforderungen seiner Nutzer bei weitem nicht mehr genügte. Da das sehr große Haus für Übernachtungen und Service diesen Weg als Zu- und Abfahrt für seine Gäste benötigte und eine Erweiterung dieser gastfreundlichen Anlage an Gebäude- und Freiflächen bis über das 5fache des Bestandes zum Ende der neunziger Jahre erfolgen sollte, lag es auf der Hand, dass mit dem Entstehen einer so angehobenen Kapazität ein solch schlechter Weg unbedingt eine erhebliche Verbesserung erfahren musste.
Am Rande des damaligen Geschehens sollte erwähnt sein, das derartige Vorhaben sehr hoch durch das Land und der Europäischen Union gefördert wurden und auch der Neubau eines Weges eigentlich mit zu den förderfähigen Baukosten schon damals zählte.
Auch sollen zu dieser Zeit kommunale Bauabteilungen schon Kenntnis davon gehabt haben, dass mit einer derartig hohen und regionalen Investition eine Mehrbelastung der vorhandenen Infrastruktur verbunden war. Clevere Kommunen bedienten sich schon damals den legitimen Mitteln und Möglichkeiten, den Investoren eine Kostenbeteiligung oder Kostenübernahme durch eine angemessene Beteiligung an den kommunalen Folgekosten über den Abschluss städtebaulicher Verträge aufzuerlegen.
Kommunen, die aber das Werkzeug des Geldes und das der Vertragsgestaltung nicht kannten und somit auch nicht anwandten, waren die finanziell Benachteiligten. Diese konnten derartig entstehende Kosten aus ihrem Gemeindesäckel alleinig zu Lasten ihrer Bürger und den Steuerzahlern des Landes selber berappen. Sie verzichteten gleichzeitig auf eine Erhöhung ihrer Finanzkraft für die gemeindliche Entwicklung.
In der direkt an der Ostsee liegenden Gemeinde soll so eine Beteiligung an den Folgekosten der am Neubau geldverdienenden Investoren erst gar nicht in Betracht gezogen worden sein und da die kleine Gemeinde zur damaligen Zeit schon Geld im Überfluss gehabt haben soll, soll über ein „Draufzahlen“ aus der Gemeindekasse auch nicht so dringlich nachgedacht worden sein. Die Kommune übernahm selbstverständlich alleinig die Aufgabe des Wegebaus zu ihren Lasten und sie soll für den Bau dieses Weges sogar über 200.000 DM aus der Kasse losgeworden sein.
War es Unkenntnis, Bequemlichkeit oder Übereifer?
Hatte das Angebot der Investoren die Denkmaschinen in den Köpfen der für die Gemeinde verhandelnden Verantwortlichen ausgeschaltet oder gar überstrapaziert?
Derart in Geschichten aufgeworfene Fragen über die Denkweisen und Handlungen von vor langer Zeit beteiligten Personen finden wohl kaum eine Antwort, es sei denn, dass einer der damals Verantwortlichen aus dem „Nähkästchen“ der an der Ostsee entstehenden Geschichten plaudert.
Ihr Bürgerbote – 15. Ausgabe - Entwurf -- C2010 Siegfried Kümmels kleine Geschichten.
Die Orte der Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen und Ähnlichkeiten mit real existierenden Orten sind rein zufällig.